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Super, diese heimischen Alternativen

Viele Lebensmittel aus Übersee erfreuen sich bei uns einer ungemeinen Popularität. Sie werden zu wahren Food-Trends. So befinden sich seit geraumer Zeit in gefühlt jedem zweiten Pudding Chia-Samen, als Beilage steht Quinoa ganz oben auf der Karte und über Pancakes darf nur einer fliessen – der Agavendicksaft.

Den sogenannten Superfoods unter ihnen werden darüber hinaus so manche Wunderwirkungen nachgesagt. Bewiesen sind zwar längst nicht alle, aber zumindest, was die Nährstoffe betrifft, ist man sich einig: Es steckt viel Gutes drin in den Exoten. Können unsere lokalen Produkte da mithalten? Eins ist jedenfalls sicher: Bei der Klimabilanz profitieren sie vom Heimvorteil. Hier ein paar Beispiele.

Chia-Samen VS. Leinsamen

Die beiden Powerkörner enthalten Kalzium, Eiweiss, ungesättigte Fettsäuren, Vitamine und jede Menge Ballaststoffe (gut für die Verdauung). Chia-Samen haben die Nase vorn, was den Mineralstoff Kalzium betrifft (5 Mal mehr als Milch[1]), beim Thema Omega-3-Fettsäuren wiederum machen die Leinsamen das Rennen.[2] Sie haben den höchsten Omega-3-Fettsäuren Anteil aller Ölsaaten[3].

Während Chia-Samen meistens aus Mittelamerika importiert werden, stammen Leinsamen häufiger aus Europa. Allerdings unbedingt aufs Etikett achten, denn ganz so selbstverständlich scheint das auch wieder nicht zu sein. Zum Beispiel importiert Alnatura Leinsamen aus Indien. Ungefragte Werbung: Bei meiner Recherche bin ich auf das Unternehmen Janatürlich aus Österreich gestossen. Es bietet Bio-Chia aus lokalem Anbau an.     

Gojibeeren VS. Schwarze Johannisbeeren

Die kleinen roten Gojibeeren sind bekannt für ihren hohen Gehalt an Vitamin B, C und E – on top kommen noch 21 Mineralien und Spurenelemente. Bevor sie bei uns im Regal als Pulver oder getrocknete Beeren landen, haben sie einen langen Weg hinter sich. Ihre Heimat liegt China und der Mongolei.

Auch die Schwarze Johannisbeere ist eine echte Vitamin C Bombe. Mit einem Gehalt von 177 Milligramm toppt sie die Gojibeeren mit «lediglich» 29 bis 148 Milligramm pro 100 Gramm sogar deutlich[4]. Ausserdem besitzt sie u. a. Mineralstoffe wie Magnesium, Kalzium und Eisen. Hier muss sie sich allerdings ihrer asiatischen Kollegin geschlagen geben. Johannesbeeren gibt es bei uns frisch von Mitte Juni bis Mitte August.

Übrigens: Zwar stammen 99 %[5] der Gojibeeren aus China, es gibt sie aber auch hier, nur heissen sie etwas anders: Bocksdorn. Der recht robuste Strauch lässt sich easy im heimischen Garten oder auf dem Balkon ansiedeln. Einziges Manko: In unseren Breitengraden produzieren die Beeren weniger Antioxidantien.

Acai Beeren VS. Blaubeeren

Acai Beeren aus dem Regenwald bekommt man bei uns meist tiefgefroren, als Saft oder Pulver. 

Unsere Blaubeeren oder Holunderbeeren tun’s aber genauso. Denn sie alle weisen einen hohen Gehalt an Antioxidantien auf. Der kommt im blauen Farbstoff der Strauch-Helden vor. Dank ihm kann sich unser Körper u. a. vor Entzündungen schützen. 

Punkten tut die Palmfrucht auch noch mit ihrem Reichtum an Nahrungsfasern, Protein und Fett[6]. Im Gegensatz dazu sie die Blaubeere ein kalorienarmer Zeitgenosse und entsprechend ärmer an Energie. Dafür bietet sie viel Vitamin A, E und C[7]. Saison hat sie von Juni bis September. 

Die Holunderbeere ist ebenfalls ein Vitamin C Lieferant. Darüber hinaus verfügt sie über Vitamin B, Folsäure und Eisen. Im September und Oktober sind sie pflückbereit. 

Quinoa VS. Hirse

Quinoa kommt aus den Anden in Südamerika, ist glutenfrei und wahrscheinlich schon deshalb ungemein beliebt bei uns. Zudem ist er eine wichtige pflanzliche Eiweiss-Quelle und enthält viel Eisen. 

Vor dieser geballten Power an Superkräften muss sich die u. a. in Europa ansässige Körnerfrucht Hirse aber nicht verstecken. Denn auch sie ist glutenfrei, besitzt viel Eiweiss und Eisen. Es ist im Übrigen kein Zufall, dass Babys und Kleinkinder häufig Hirsebrei bekommen, denn sie haben einen relativ hohen Bedarf an Aminosäure Leucin – und die steckt in der Hirse. 

Agavendicksaft VS. Birnendicksaft

Zu guter Letzt kommen wir noch zum Anti-Superfood schlechthin: Zucker. Denn die zwei hier Verglichenen sind nichts anderes als Süssungsmittel. Und die geben Nährstoffmässig natürlich nicht so viel her, auch wenn die Hersteller das gerne anders ausdrücken.

Agavendicksaft, der Zuckerersatz aus dem mittelamerikanischen Kaktus, schmückt sich teilweise sogar mit dem Attribut «gesund». Dabei hat er einen sehr hohen Anteil an Fructose – rund 80 % laut der Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf[8]. Weiter heisst es dort: 

«Fructose fördert die Entstehung des metabolischen Systems, also das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dazu zählen Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Insulinresistenz, also Diabetes Typ 2 sowie erhöhte Blutfette.»

Durch die hohe Nachfrage am trendigen Dicksaft steigt ausserdem der Anbau von Agaven-Monokulturen in Mexiko. Und wie jede Monokultur ist auch diese nicht unproblematisch für die Umwelt.

Natürlich enthält auch heimischer Birnendicksaft oder Apfeldicksaft Fructose, aber er kommt von hier und mit dem Kauf wird die Kultur von Feldobstbäumen unterstützt.[9]

Fazit: Exotische Superfoods lassen sich nicht per se verfluchen. Es steckt wirklich einiges an Nährstoffen drin, was super ist. Genauso wie in vielen heimischen Produkte. Auch sie sind echte Superhelden und haben meiner Meinung nach mehr Beachtung verdient. Neben jeder Menge an Vitalstoffen haben sie den entscheidenden Vorteil, dass sie kürzere Transportwege zurücklegen müssen und damit weniger Energie verbrauchen. Letzteres sollte vor allem bei der Wahl unserer Süssungsmittel ins Gewicht fallen, denn süss bleibt süss, aber Strecke nicht Strecke. 

Gleichzeitig sollte man auch nicht Blindlinks davon ausgeht, das Food X klimaneutraler ist als Y, nur weil es sich «lokaler» anhört. Das beste Beispiel dafür sind die häufig als «heimisch» zitierten Leinsamen. Viele grosse Bio-Brands beziehen die Samen aus Indien oder China. Dagegen kann Chia auch in Europa angebaut werden. Klimafreundlich essen funktioniert eben am besten, wenn man super informiert ist.


[1] eatsmarter

[2] Zentrum der Gesundheit

[3] Demeterhof Schwab

[4] Apotheken-Umschau

[5] Goji-plantage.de

[6] Beobachter

[7] Apotheken-Umschau

[8] Quarks

[9] wireltern

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